Der Wunsch sollte dann im Frühjahr des Jahres 1992 durch die sich neu entwickelnden Gegebenheiten zur Realität werden. Als Folge der deutschen Wiedervereinigung kam es in den neuen Bundesländern zu einer Neustrukturierung des Schulsystems. So wurde unter anderen in Löberitz die zehnklassige allgemeinbildende polytechnische Oberschule abgeschafft. An ihrer Stelle nahm eine vierklassige Grundschule den Schulbetrieb auf. Die älteren Schüler mussten die Sekundarschulen in Salzfurtkapelle und Zörbig oder die Gymnasien in Wolfen und Sandersdorf besuchen.
Ob diese neuen Schulformen besser waren als die heutigen kann bezweifelt werden, doch die kleinere Anzahl von Schülern brachte der Gemeinde Löberitz viele freie Klassenräume. Die beiden alten Schulen aus den Jahren 1678 und 1851 am Schulplatz in der Nähe der Kirche wurden sogar ganz geschlossen.
Für die Schachspieler bot sich nun der verwaiste Lager- und Maschinenraum des Werkraumes auf dem Schulgelände am Sportplatz an.
Schachclub vor der Renovierung
Thomas Richter bei Renovierungsarbeiten
Der Raum befand sich auf der Ostseite im noch erhalten gebliebenen Seitenflügel des ehemaligen Löberitzer Rittergutes. Das Rittergut selbst, im Volksmund auch „Burg“ genannt, wurde in den siebziger Jahren wegen Baufälligkeit und wegen des Fehlens des kulturhistorischen Interesses abgerissen. An dessen Stelle wurde dann der neue Löberitzer Kindergarten gebaut. Im stehen gebliebenen Seitenflügel, dort wo sich früher die gutseigene Brauerei befand, wurden ein Klassen- und ein Maschinenraum für den Werkunterricht eingerichtet. Der mit seinem schönem Gewölbe erhalten gebliebene Bierkeller wurde als Lager genutzt. In diesen Keller, also genau unter dem Schachclub, wurde für einige Jahre die Öl-Heizungsanlage für Schule, Kindergarten, Schachclub und dem Vereinsraum der „Liedertafel Löberitz“ eingebaut. Inzwischen hat die Heizungsanlage auf Flüssiggasbasis unter dem Chorraum einen neuen Platz gefunden. Die Öltanks wurden zurückgebaut.
Nach Antrag der Gemeinde Löberitz vom 10.10.1991 wurde die über viele Jahre im ► Löberitzer Grundbuch > als „Eigentum des Volkes“ deklarierte Immobilie wieder der Kommune als >► Eigentum > übertragen. Rechtsgrundlage für den Zuordnungsbescheid vom 18.05.1992 der Oberfinanzdirektion Magdeburg, Vermögenszuordnungsstelle Halle, war der Artikel 21 des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31.08.1990.>
Den Antrag stellte damals Konrad Reiß, der vom Bürgermeister Willi Kaspar als Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung ► eingestellt wurde > und mit der Öffentlichkeitsarbeit sowie Bearbeitung von Liegenschaftsangelegenheiten, vorrangig der Klärung aller offenen Vermögensfragen zwischen Gemeinde, Privatpersonen, der Treuhandanstalt oder dem Bundesvermögensamt, in Löberitz betraut wurde.>
Für die Raumnutzung wurde zwischen der Gemeinde und dem Verein ein langfristiger Pachtvertrag geschlossen. Bei Übernahme durch die Schachgemeinschaft befand sich der Raum ohne Heizung, ohne richtige Treppe, ohne Licht, ohne richtige Decke und ohne gängige Türen in einem bedauernswerten Zustand. Doch es war ein eigener Raum und mit dem klaren Ziel vor Augen packten die Schachspieler zu. Thomas Richter, Uwe Bombien, Konrad Reiß, Heiko Thomaschewski, Helmut Bombien, Heinz Richter, Anke Schröder, Thomas Bombien, Roland Franke und Nicole Nentwig waren beim Ausbau die Hauptakteure. Unterstützung erhielten sie durch Edith Richter, Katharina Reiß, Olaf Richter und vor allem dem ► Tischlermeister Kurt Rudolph >, der kostenlos die Haupteingangstür herstellte. Die Buntglasscheibe für die neue Außentür und für die Zimmertür stammt übrigens von Herbert Klyszcz, dem Vater unseres Vereinsmitgliedes Michael, aus dem Hamburger Vorort Großhansdorf.>
Die Gemeinde Löberitz beteiligte sich mit ca. 2.000,- DM. Diese Summe kam hauptsächlich durch den zusätzlichen Einbau der Heizkörper zustande. Die Schachspieler investierten aus ihrer Tasche und aus der Vereinskasse 5.000,- DM. Für den kleinen Verein, der sich vorrangig aus Nachwuchsspielern rekrutierte, war das schon ein gehöriger Kraftakt. Leider beteiligte sich weder der Bitterfelder Kreissportbund noch der Landessportbund von Sachsen-Anhalt. Die größten Kosten entstanden durch den Einbau einer Zwischendecke und der Treppe im Eingangsbereich.
Drei alte historische Schränke aus dem 19. Jahrhundert passten sich optisch gut in den Raum ein. Stühle, Lampen und Geschirr kamen aus dem aufgelösten und an einen Alteigentümer rück übertragenen Kulturhaus, der jetzigen Gaststätte „Zum Reiter".
Heiko Thomaschewski besorgte kostengünstig 12 quadratische Tische aus dem sich zu diesem Zeitpunkt in Auflösung befindlichen Versuchsgut für Kartoffelforschung in Mößlitz.
An der Außenfassade wurden einige immergrüne Gehölze und Efeu gepflanzt. Die Grünfläche wurde damals kostengünstig mit alten ausgedienten Grabeinfassungen eingesäumt.
Am 26. Juni 1992 konnte dann der neue Schachclub nach zweimonatiger Bauzeit im Rahmen der Löberitzer Schachtage mit einer Uhrensimultanveranstaltung des Internationalen Schachmeisters Heinz Liebert aus Halle eröffnet werden.
Nennenswert war auch die Anbringung einer schwarzen Granittafel mit der Aufschrift: „Schachclub der SG 1871 Löberitz“ im April des Jahre 1994. Die Tafel wurde auf Vereinskosten vom ortsansässigen ► Steinbildhauer Sandro Turner > geschaffen.>
Im Herbst 1995 wurde in Vorbereitung auf das bevorstehende 125 jährige Jubiläum der Schachclub vollständig neu renoviert. Bei dieser Sanierung beteiligten sich hauptsächlich Uwe Bombien und Konrad Reiß. Hilfe kam aber auch noch von Helmut Bombien und Thomas Richter. Die teuerste Errungenschaft war ein neuer Teppichboden. Die Wände wurden in Stuhlhöhe mit Holz verkleidet, und eine Bar mit Kühlschrank, Wasseranschluss und Kochmöglichkeiten ließen den Raum noch gemütlicher werden. Das ist auch notwendig, denn viele Vereinsmitglieder kommen von außerhalb und sind deshalb auf einen ordentlichen Anlaufpunkt angewiesen.
Nachdem für den Löberitzer Kindergarten der Bestandsschutz auslief, mussten dort gemäß einschlägigen Bestimmungen einige größere bauliche Veränderungen durchgeführt werden. In der gleichen Maßnahme sollten für den Löberitzer Fußballverein neue Vereinsräume geschaffen werden, da sich das bisherige Vereinshaus im Privatbesitz befindet und durch eine hohe Pacht den Gemeindehaushalt stark belastete.
Mit in die umfangreiche Baumaßnahme integriert wurden auch der Chorraum und der Schachclub, der Parkplatz vor dem Gebäude, das Dach und die Fassade des Flachbaus der Grundschule sowie die Gestaltung des Schulhofes.
Außenrenovierung des Museums - Westseite
Außenrenovierung des Museums - Südseite
Chor und Schachgemeinschaft erhielten eigene Toiletten, da der Bestand der Schule in Zukunft nicht unbedingt gesichert ist, und durch die Baumaßnahme eine Unabhängigkeit der beiden Vereine gewährleistet werden kann.
Die Maßnahme, die vor allem der damaligen Bürgermeisterin Heidemarie Funke zu verdanken ist, begann am Ende des Jahres 2000. Die Schachspieler nahmen den 130. Vereinsgeburtstag zum Anlass auch den Innenraum des „Schachclubs“ zu renovieren. Ein großen Anteil an diesen Renovierungsarbeiten hatten Andreas Daus, der auch seinen Vater Horst Daus für die Fliesenlegearbeiten im Eingangsbereich mit einspannte, und wie gewohnt Thomas Richter. Als erste Veranstaltung, die im überholten Vereinsraum stattfinden sollte, war das Großmeisterturnier geplant. Die Arbeiten auf dem Schulhof hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen und so sollte die Festwoche zum 130. Vereinsgeburtstag für alle Schachfreunde die letzte Gelegenheit sein um auf dem alten Großfeld Schach zu spielen.
Die Großfeldschachanlage wurde übrigens im Jahre ► 1984 > von den Löberitzer Schachspielern in Eigeninitiative und durch tatkräftige Hilfe des damaligen Bürgermeisters Klaus Funke gebaut. Die 8,5 m5 Beton haben die 17 Jahre fast unbeschadet überstanden und hätten sicherlich noch einmal solch eine Zeitspanne überdauert. Eine Schwachstelle hatte das Brett allerdings: Die schwarzen Felder mussten jedes Jahr nachgestrichen werden.>
Der Schuppen, in dem die Großfeldschachfiguren standen und die Stühle, Tische, Zelte und ähnliches der Schachgemeinschaft eingelagert wurden, war zu diesem Zeitpunkt schon abgerissen. Als Ausgleich erhielt der Verein einen bisher ungenutzten Bodenraum im Gebäude. Hier wurde weitsichtig, neben der Nutzung als Lagerraum, in absehbarer Zeit das Schachmuseum geplant. Der Ausbau des Raumes sollte durch Eigeninitiative der Schachspieler realisiert werden. Als Beitrag der Gemeinde wurde allerdings die Errichtung einer Treppe zu diesem Bodenraum erwartet. Für die Gemeinde Löberitz würde diese geplante Einrichtung eine zusätzliche und gleichzeitig kostenlose Attraktion mit Außenwirkung bringen.
Am 18. August 2001 wurde mit einem „Tag der offenen Tür“ die gesamte Baumaßnahme abgeschlossen und der Bau offiziell eingeweiht werden. Die Arbeiten waren an diesem Tag noch lange nicht beendet.
Da für die Treppe kein Geld mehr aufzubringen war, kam Bürgermeisterin Heidemarie Funke einen großen Schritt auf den Verein zu und übereignete ihm den vorhandenen unteren Raum, der ehemalige Kohleraum der großen Heizungsanlage. Diese Geste war die Grundlage für weitere gezielte Bautätigkeiten durch den Verein.
Im Jahre 2002 wurden dann in diesem Raum ein Eingangsbereich, eine Herren-Toilette und eine Treppe für das Obergeschoss gebaut. Vor allem die Planung und Bau der Treppe hatte es in sich, denn einerseits durfte die vorhandene Deckenstatik nicht verändert werden und anderseits verhinderte die Balkenlage einen großzügigeren Ausbau. Die Aufgabenstellung wurde von Thomas Richter großartig gelöst. Unter dessen Regie und neben den altbekannten Helfern brachten sich Dieter Trojahn (Maurerarbeiten), Gerhard Bombien (Fliesenlegearbeiten) und Andreas Daus (Elektrik) mit den unterschiedlichsten Gewerken ein. Gerade Andreas Daus muss hier hervorgehoben werden, denn ab dieser Zeit behielt er alle Elektroinstallationsmaßnahmen in seinen Händen.
Der Raum selbst, der umgangssprachlich den Namen „Vereinszimmer II“ oder „Kleiner Schachclub“ erhielt und eigentlich vorrangig für die Jugendarbeit vorgesehen war, wurde fast im Alleingang von Konrad Reiß ausgebaut und auch finanziert. Für die Verlegung des Laminatfußbodens zeigte wieder Thomas Richter Verantwortung Ein alter Schulschrank wurde wieder aufpoliert und unter der Treppe entstand ein kleiner Lagerraum.
Damit konnten endlich dezentral an mehrere Stellen trainiert und gespielt werden. Am 24.11.2002 fand mit dem Spiel der Kinder AK U14 gegen Chemie Wolfen (LSN 793) ► der erste Wettkampf > statt.
Franziska Flegel, Josephine Reiß, Adrian Erhard und Viktoria Reiß gewannen dieses Eröffnungsspiel 4:0!>
2003 begannen die Löberitzer Schachspieler mit dem Ausbau des Obergeschosses über dem zweiten Vereinszimmer. Hier waren noch mehr Arbeiten zu erledigen als in den anderen beiden Räumen.
Neben der Montage einer isolierten Zwischendecke, musste auch ein Fußboden eingebaut werden. Die Gewerke lagen wieder bei Thomas Richter (Trockenbau, Fußboden), Konrad Reiß (Balken und Decke), Andreas Daus (Elektrik) und Thomas Bombien (Tapezier- und Malerarbeiten). Mehrere Arbeitseinsätze absolvierten auch Adrian Erhard, Sebastian Daus und Roland Franke.
Mit den Spenden einiger Schachfreunde und Mitteln aus dem laufenden Vereinshaushalt wurde die Baumaßnahme 2005 beendet.
Anfang 2006 wurde dann unter anderen noch mit Mitteln des Arbeitsamtes eine Heizung und eine Dusche mit Toilette eingebaut. Die ganze Installation wurde von unserem Dessauer Vereinsmitglied ► Harald Matthey > bestens bewerkstelligt. Zum 135. Vereinsjubiläum war auch dies fertig.>
Nicht ganz fertig wurden zu diesem Zeitpunkt die von Thomas Richter geschaffenen Bücherschränke der „Schachbibliothek“. Doch im Februar 2007 war auch diese Hürde genommen. All das Geschaffene war mit viel Arbeit verbunden. Eigene Arbeit! Deshalb sind die Voraussetzungen gut, dass die Räumlichkeiten mit ihrem Inhalt auch in Ehren gehalten werden.
Innenansicht vor dem Ausbau
Innenansicht vor dem Ausbau
Im März kamen noch die Ausstellungsvitrinen zur Löberitzer Schachgeschichte (2.000,- €) und ein Triptychon (800,- €) für die Schachbriefmarken hinzu.
Noch rechtzeitig vor der Einweihung wurden zwei große Vitrinen und Archivschränke in Auftrag fertiggestellt. Da sind dann noch einmal knapp 2.800,- € auf den Verein als Träger kommen. Es ist der bisher größte finanzielle Kraftakt für den Verein, doch eine treffendere Gelegenheit, als das Jubiläum der 800 jährigen urkundlichen Ersterwähnung von Löberitz kommt in der kommenden und überschaubaren Zeit nicht wieder.
Bis zum Jahresabschluss 2007 wird das Triptychon einen Unterschrank mit Vitrine erhalten. Der Kostenvoranschlag beläuft sich auf 600,- €. Die Vitrine soll vorrangig weitere Schachbriefmarken mit besonderen Poststempeln, aber auch Auslagen zum Fernschach beherbergen.
Unter großem Medieninteresse wurde am Freitag, dem 1. Juni 2007 anlässlich der Feierlichkeiten zum 800 jährigen Jubiläum der urkundlichen Ersterwähnung von Löberitz das Museum eröffnet.
Der Präsident des Landesschachverbandes Dr. Günter Reinemann zeichnete den Verein im Beisein des Präsidenten und Gründers der Lasker-Gesellschaft, Paul Werner Wagner, und der Löberitzer Ortsbürgermeisterin Heidemarie Funke, für die hervorragenden Leistungen bei der Entwicklung des Schachsports in Sachsen-Anhalt mit der Ehrenurkunde des Landesschachverbandes Sachsen-Anhalt aus. Gleichzeitig erhielt Konrad Reiß für die hervorragenden Leistungen bei der Entwicklung des Schachsports in Sachsen-Anhalt die Ehrennadel des Landesschachverbandes in Gold.
Pikanter Weise muss erwähnt werden, dass beide Ehrungen schon im vergangenen Jahr während der Feierlichkeiten zum 135jährigen Vereinsjubiläum vergeben wurden. Konrad Reiß wird damit mit großer Wahrscheinlichkeit auch zukünftig der einzige Schachsportler in Sachsen-Anhalt sein, der mit zwei goldenen Ehrennadeln bedacht wurde. Gleiches gilt auch für die SG mit der erhaltenen Ehrenurkunde. Auch eine Episode der Vereinsgeschichte.
LSV-Präsident Dr. Günter Reinemann bei der Ehrung mit Konrad Reiß, Ortsbürgermeisterin Heidemarie Funke und Paul-Werner Wagner
Gemeinsam wurde zu diesem Anlass das Löberitzer Heimatlied gesungen.
Das Löberitzer Heimatlied wurde 1993 durch Konrad Reiß komponiert und getextet.