Schachmuseum Löberitz

Die Entstehungs- und Eigentumshistorie

Der spanische Priester Ruy_López_de_Segura (1530 -1580) schrieb das Werk Libro de la invencion libe ral y arte del juego del Axedrez (Die Erfindungsgabe und Spielkunst irn Schach). Es erschien 1561 in Alcala de Henares und ist darnit das erste gedruckte Schachlehrbuch der Welt.

Ruy López de SeguraRuy_López_de_Segura (1530 -1580) Libro de la invencion libe ral y arte del juego del AxedrezLibro de la invencion libe ral y arte del juego del Axedrez

Herzog August ll. von Braunschweig - Lüneburg, genannt der Jüngere, und Fürst von Braunschweig - Woltenbüttel (1579-1666), schrieb unter dem Pseudonym Gustavus Selenus das Buch „Das Schach - oder König - Spiel". Als Grundlage diente ihrn das Werk des Spaniers Rui Lopez, vermutlich in Forrn einer italienischen Übersetzung des Domenico Tarsia aus dern Jahr 1584.

Herzog August llHerzog August ll. von Braunschweig - Lüneburg Einband des WerkesEinband des Werkes von Rui Lopez

Nachdem die Herausgabe des Buches in Augsburg scheiterte, schloss der Herzog 1615 kurzfristig einen Vertrag rnit dem Verleger Henning Grosz dem Jüngeren in Leipzig ab.
Grosz erwirkte ein kaiserliches Druckprivileg, um damit für die nächsten sechs Jahre einen Nachdruck zu verhindern oder zu erschweren. lrn Oktober war der Druck durch den Leipziger Drucker Lorenz Kober weitgehend abgeschlossen.

Das erste Exemplar des Buches wurde fertiggestellt. Unter allen Bildern ragt der zwischen den Seiten 216 und 217 enthaltene doppelseitige Kupferstich des Straßburger Kupferstechers Jacob van der Heyden (1573-1645) heraus. Der Herzog (rechts) spielt vermutlich gegen Landgraf Moritz den Gelehrten von Hessen-Kassel († 1632). Zuschauer sind Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt († 1626) (am Tisch) sowie wahrscheinlich Markgraf Georg Friedrich von Baden-Durlach († 1638).
Alle weiteren Kupferstiche und Diagramme stammen von dem Kupferstecher Lucas Kilian (1579-1637) aus Augsburg.

KupferstichKupferstich des Straßburger Kupferstechers Jacob van der Heyden (1573-1645)

Der „Löberitzer Selenus” gleicht mit Ausnahme der Jahreszahl auf dem Titel und einem Druckfehlerverzeichnis auf der sonst freien Seite 496, das sogar handschriftlich durch den Autor mit zwei Anmerkungen ergänzt wurde, der Ausgabe des Jahres 1616.
Herzog August verschenkte das Buch am 28.09., versehen mit einer eigenhändigen Widmung auf der Rückseite des Haupttitels, an seinen Vetter, dem Herzog Hans oder Johannis von Braunschweig - Lüneburg Celle, (gest.1628).

Titelblatt1Titelblatt des Selenus EinbandEinband des Selenus Herzog August von Braunschweig Lüneburg1Herzog August von Braunschweig-LüneburgHerzogliche WidmungHerzogliche Widmung

Herzog Johannis von Braunschweig - Lüneburg Celle verschenkte es kurze Zeit später weiter an den Marquardt von Hodenberg. Dieser verewigte sich auf der Vorderseite des Haupttitels mit einer handschriftlichen Eintragung: 

Herzogliche InschriftInschrift des Marquardt von Hodenberg

August Friedrich Ernst von ArnswaldtAugust Friedrich Ernst von Arnswaldt (1768-1845)Der „Selenus" gelangte in die Bibliothek des Staatsministers des Königreiches Hannover Karl Friedrich Alexander Freiherr von Arnswaldt (1768-1845).

 

Nach dem Tod des Freiherrn übernahm dessen Sohn August Friedrich Ernst von Arnswaldt (1798 - 1855) (11), ein Bekannter der Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff und der Gebrüder Grimm, die Bibliothek. Von ihm befindet sich eine eigenhändige Unterschrift im Buch.

UnterschriftUnterschrift des August Friedrich Ernst von Arnswaldt (1798 - 1855)

Nach dem Ableben von August Friedrich Ernst von Arnswaldt kam die Sammlung in die Staatsbibliothek nach Berlin. Einige Stücke, eventuell Dubletten, gelangten dabei auch auf den freien Büchermarkt.

Der „Selenus" landete beim Leipziger Buchhändler Otto Harrassowitz (1845-1920)Otto HarrassowitzOtto Harrassowitz (1845-1920), der ihn zum Verkauf anbot.

Reinhold SchmidtReinhold Schmidt (1847-1906)Der Zörbiger Geschichtsschreiber und Schachliterat Reinhold Schmidt (1847-1906) erwarb das Exponat im Dreikaiserjahr am 21. Oktober und lieferte 1889 eine Buchbeschreibung.

Nach dem Tod von Reinhold Schmidt im Jahr 1906 verlor sich die Spur des Buches.

Gilhofer RanschburgVerkaufsangebot des Buch- und Kunstantiquariats Gilhofer & Ranschburg, WienEs erfolgte der Verkauf über das auf Auktionen spezialisierte Wiener Buch- und Kunstantiquariat Gilhofer & Ranschburg.
Käufer war Gerichtsrat Hermann Hof (ca. 1865-1935) aus Quedlinburg. Er war Autographensammler und für ihn stand die handschriftliche herzogliche Widmung im Vordergrund.

Nach dem Tod von Hermann Hof erbte dessen Neffe Walter Thiele (1913 - 2009) aus Mecklenburg die Autographen-Sammlung.

Besitzer wurde nach dessen Ableben nun dessen Sohn Wolfgang Thiele aus Schnarup-Thumby.

Wolfgang Thiele beabsichtige das Buch zu veräußern und wandte sich an den Schachhistoriker Dr. Gerhard Drebes aus Schleswig.

Buchübergabe SelenusÜbergabe des SelenusDr. Drebes erkannte sofort den engen Bezug des Buches zur Löberitz-Zörbiger Schachtradition und stellte den Kontakt zur Schachgemeinschaft Löberitz her.
Die Buchübergabe erfolgte am 30. April 2011 an Konrad Reiß und Uwe Bombien bei Dr. Gerhard Drebes in Schleswig.