Das Buch „Das Schach – oder König – Spiel“ von Gustavus Selenus aus dem Jahre 1617 gehört zu den bekanntesten und wichtigsten Zeugnissen der deutschen Schachliteratur. Es wurde vom Herzog August dem Jüngeren von Braunschweig – Lüneburg unter dem Pseudonym Gustavus Selenus verfasst und in Leipzig zum Druck gegeben. Es ist das erste in deutscher Sprache gedruckte Schachbuch.
Der Autor Herzog August der Jüngeren von Braunschweig – Lüneburg, Begründer der nach ihm benannten Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel, verschenkte das Buch an seinen Vetter Herzog Hans oder Johannis von Braunschweig - Lüneburg Celle mit einer eigenhändigen Widmung.
Von dort ging es 1622 an den Marquardt von Hodenberg, aus dem alten niedersächsischen Geschlecht gleichen Namens. Später gelangte es in die Frhr. v. Arnswaldtsche Bibliothek nach Hannover. Die Bibliothek wurde nach dem Tod des Freiherren 1855 aufgelöst und vorrangig in die Staatsbibliothek Berlin eingegliedert. Einige Stücke gelangten dabei auch auf den freien Büchermarkt.
Der Zörbiger Geschichtsschreiber und Schachliteraten Reinhold Schmidt erwarb dieses seltene und wertvolle Exponat im Dreikaiserjahr 1888 über einem Leipziger Buchhändler. Schmidt verfasste mehrere vielbeachtete Monographien über dieses außergewöhnliche Buch.
Nach Reinold Schmidt´s Tod im Jahre 1906 kam das Stück 1909 über eine Wiener Auktionshaus in den Besitz des Gerichtsrat Hermann Hof (gest. 1935) in Quedlinburg. Der neue Besitzer war Autographensammler und für ihn stand die handschriftliche herzogliche Widmung im Vordergrund.
Der jetzige Selenus-Besitzers Wolfgang Thiele aus Schnarup-Thumby erbte den gesamten Büchernachlass seines Großonkels über seinen Vater.
Da Thiele keinen Zugang zum Schach hat, wollte er das Buch verkaufen und wandte sich an den Schachexperten Dr. Gerhard Drebes aus Schleswig. Ab diesem Zeitpunkt entwickelte das Geschehen eine Eigendynamik: Dr. Gerhard Drebes erinnerte sich durch ein Freundschaftsspiel zwischen dem Schleswiger Schachclub und der SG 1871 Löberitz im Sommer 2007 an die Löberitz-Zörbiger Schachtradition. Sein persönliches Engagement ist es zu verdanken, dass der jetzige Eigentümer Wolfgang Thiele das Buch dem Schachmuseum Löberitz vorrangig und mit einem großzügigen Entgegenkommen zum Kauf anbot.
Die Schachgemeinschaft 1871 Löberitz nutzte die einmalige Möglichkeit und erwarb das historisch wertvolle Buch, auch unter dem Gesichtspunkt des 140. Vereinsjubiläums, für die über 2200 Bände umfassende historische Bibliothek des Löberitzer Schachmuseums.
Hierzu fuhren Uwe Bombien, der an diesem Tag 1000 km am Steuer (!!!) saß, und Konrad Reiß am Samstag, dem 30. April 2011 nach Schleswig um sich im Hause von Dr. Gerhard Drebes mit dem Besitzer Wolfgang Thiele zu treffen.
Diese einmalige Transaktion konnte nur durch Hilfe der Leipziger Rechtsanwälte Richtscheid & Weidinger, dem Landesschachverband von Sachsen-Anhalt, der Firma Elektro-Daus aus Löberitz und weiteren Unternehmen realisiert werde. Deshalb Dank allen Beteiligten. Das Buch wurde erstmalig während der Löberitzer Schachtage ausgestellt. Wegen seines Wertes ist das Originalbuch nur zu ausgewählten Gelegenheiten zu sehen.