Schachmuseum Löberitz

Handgefertigte Schachfiguren als schicksalsreiche Erinnerungsstücke aus einer schweren Zeit

Das Schachmuseum Löberitz besitzt mehrere Schachspiele, welche in einem Kriegsgefangenenlager oder in einem Lazarett in der Zeit des II. Weltkrieges und danach hergestellt wurden. Dazu gehört ein Figurensatz aus einem Gefangenenlager in Sowjetrussland, ein kleines Schachbrett aus einem Lager in Sibirien, zwei Schachspiele aus Amerika (Tennessee), ein Schachspiel des aus der Slowakei stammenden Eduard Huzsik aus einem ungarischen Lazarett, ein Schachspiel mit Brett von Wilhelm Vogel, Gaststättenbesitzer aus Zehmitz bei Radegast aus einem italienischen Gefangenenlager und von dem Bitterfelder Robert Günther handgefertigte Schachfiguren aus einem Lager in Belgien.

Bei einigen der Exponate sind die früheren Besitzer und der genaue Herstellungsort bekannt, bei anderen wiederum nicht.

 

Schachfiguren Robert GuentherDie Schachfiguren von Robert Günther, deponiert in einer englischen Zigarettenschachtel, wurden 2024 von seiner Tochter Helga Machander aus Zscherndorf dem Schachmuseum Löberitz überlassen.

Belgien, 1945

► Robert GüntherConstantin Schwede  wurde als Sohn des Fleischermeisters Robert Günther und seiner Ehefrau Magdalena, geb. Thelen, am 30. Oktober 1925 in Bitterfeld geboren. Die Familie wohnte in der Binnengärtenstraße 8.

Nach dem Besuch der Mittelschule in Bitterfeld absolvierte er ein fast einjähriges Praktikum in den Junkers- Flugzeug- und Motorenwerken in Dessau. Nach der Einberufung zum Reichsarbeitsdienst wurde er zur Luftwaffe eingezogen und als Flugzeugführer ausgebildet. Zum Einsatz kam er in den Schlachtgeschwadern 101 und 103. Kurz vor Kriegsende, im April 1945, geriet er in englische Kriegsgefangenschaft. Er kam nach Belgien in das Lager 2218 in Brüssel. Dort schnitzte er die Schachfiguren. Nach einer TBC-Erkrankung wurde er im Dezember 1946 aus dem Lazarett Süchteln im Rheinland in die Heimat entlassen. Er heiratete seine Frau Gertrud. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder, Helga und Robert, hervor. Tochter Helga Machander aus Zscherndorf war es auch, die die Schachfiguren, neben einigen weiteren Utensilien, dem Schachmuseum Löberitz anvertraute.

Robert Günther verstarb am 5. Oktober 2010 kurz vor der Vollendung seines 85. Lebensjahres.

Schachfiguren Eduard HuzsiksDie Schachfiguren Eduard Huzsiks wurden 2023 von dessen Tochter Sieglinde Vater aus Gommern dem Schachmuseum Löberitz überreicht.Ungarn, 1945/46

► Eduard HuzsikEduard Huzsiks  wurde am 17. Februar 1918 Stara Lesna in der Slowakei geboren. Er genoss auf dem Bauernhof seiner Eltern eine behütete Kindheit.

Im August 1944, der II. Weltkrieg ging langsam seinem Ende entgegen, wurde er zum Militärdienst eingezogen. Im Januar 1944 wurde er durch einen Granatsplitter am rechten Bein schwer verletzt. Als Invalide wurde er im Oktober 1946 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Eine neue Heimat fand er in dem kleinen Dorf Gübs, unweit von Königsborn, im Jerichower Land, fand er eine neue Heimat. 1947 heiratete er. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor.

Mehrmals wurde er am Bein operiert, um den Granatsplitter zu entfernen. Schlussendlich musste das Bein amputiert werden. Bei dieser, am 3. Januar 1956 in Magdeburg durchgeführten Operation verstarb Eduard Huzsik. Er wurde gerade einmal 37 Jahre alt.

 

Reiseschachetui Arno PfeifferDas Etui von Arno Pfeiffer wurden 2010 von Hannelore Neumeyer aus Leipzig dem Schachmuseum Löberitz überreicht.Prisoner of War-Camp Forrest, Tennessee, Vereinigten Staaten von Amerika, 1945

Zu Arno Pfeifer konnten wir keine weiteren Daten ermitteln, können aber dennoch sein Reiseschachetui hier vorstellen.

Er hat es im Kriegsgefangenenlager, Camp Forrest, Tennessee, besessen. Sein Eigentum wurde vom Lagerkommandanten Sidney Waitzmann, Capt. Infanterie, mit dessen Unterschrift und Stempel persönlich bestätigt. Das Etui ist in rotem Leder gehalten und die Figuren bestehen aus Bakelit.

Die Eigentumsbescheinigung enthält folgenden Vermerk:

Army Service Forces Fourth Service Command
Headquarters Prisoner of War Camp Camp Forrest, Tennessee (11 July 45) Date
Personal Property of  (PW) (PP) Name Pfeiffer, Arno LSN 8/G-240265
Ownership verified by Name Sidney Waitzman Rank

Sidney Waitzman
Capt., Inf.

Schachfiguren Franz HardeltUSA, Camp Forrest in Tullahoma / Tennessee, 1944

Das Schachspiel stammt aus dem Besitz von ► Franz HardeltFranz Hardelt  (01.01.1923 - 23.04.2003) aus Stumsdorf bei Zörbig.

Franz Hardelt diente im II. Weltkrieg als Soldat im Deutschen Afrikakorps unter General Rommel. Am 11. Mai 1943 wurde er im Rang eines Gefreiten in Tunesien durch französische Truppen gefangen genommen und im Juli gleichen Jahres nach Algerien verlegt. Im Oktober Den Gefangenen übergab man den US-amerikanischen Truppen, diese verschifften ihn nach Nordamerika.

Erstes Gefangenenlager war Camp Roswell in New Mexiko. März 1944 wurde Franz Hardelt nach Camp Forrest in Tullahoma in Tennessee und August 1945, also schon nach Kriegsende, nach Camp Charliste in Pennsylvania verlegt.

Am 12. April 1946 begann die Überführung nach Liverpool und nach einem Jahr Gefangenschaft in England durfte er im Juli 1947 in seine Heimat zurückkehren. Auf alle Fälle hat er in einem der drei genannten amerikanischen Kriegsgefangenenlager das Schachspiel erlernt und als Erinnerung sein Brett und seine Figuren über England mit nach Stumsdorf gebracht.