Das Werk eines fast vergessenen Schachliteraten
In dem Buch sind alle uns bekannten Geschichten des Zörbiger Schachautoren Reinhold Schmidt aufgeführt, die damit erstmalig zusammengefasst wurden. Grund der Arbeit in diesem Jahr ist auch der 170. Geburtstag von Reinhold Schmidt am 14. Oktober 2017.
Es sind humorvoll angelegte Texte, die zwischen 1880 und 1889 in den unterschiedlichsten Publikationen in Deutschland, Österreich und sogar in Großbritannien veröffentlicht wurden. Sie sind immer verbunden mit einer oder mehreren Schachaufgaben.
Den Werken wird eine erläuternde „Geschichte zur Geschichte“ zur Seite gestellt, und natürlich gibt es jeweils eine Lösungsbesprechung.
Hier konnte Fritz Hoffmann, Schachproblemexperte aus Weißenfels und einer der vier Mitgestalter dieses Buches, einige Anregung geben. Mit ihm kam auch eine Tragik in die Erstellung, denn Fritz Hoffmann verstarb während der Planungsphase.
Seine Ideen und sein Wissen hatte er allerdings schon in seiner einmaligen Art in den broschürten Vorgängerversionen zu Papier gebracht und bleibt dadurch uns und der Nachwelt erhalten.
Wir, die drei verbliebenen Herausgeber, wollten auch in Hoffmanns Gedenken das Werk zu einem guten Ende bringen.
Wenn von vier Herausgebern die Rede ist, so dürfen die Internationale Schachmeisterin und promovierte Germanistin Antje Göhler aus Berlin sowie die renommierte Schachkünstlerin Elke Rehder aus Hamburg-Barsbüttel fachübergreifend mit ihrem Wissen und mit ihren Talenten einbrachten, nicht vergessen werden.
Wenn man solch einen historischen Ausflug macht, gab es vieles zu bedenken. In welchem geschichtlichen Kontext hat Reinhold Schmidt die Kurzgeschichten geschrieben, welche historischen Vorlagen hatte er verwendet und welche Leserschaft wollte er ansprechen?
Für uns kamen nun die Fragen: Sind die Grundideen so geblieben? Haben sich die Ansprüche der Leser geändert? Und überhaupt: Besteht in unserem medialen Zeitalter noch ein Interesse an solchen Geschichten?
Mit einer Frakturschrift bei den Überschriften und Initialen aus dem 19. Jahrhundert sowie den zeitgenössischen Graphiken der Künstlerin Elke Rehder haben wir versucht, den Bogen von der damaligen zur heutigen Zeit zu spannen. Denn einige der Schmidt´schen Geschichten sind durch ihre parabelhaften und humanitären Grundgedanken von zeitlosem Wert.
Neben den Schachgeschichten werden noch Schmidts Würdigung von Rudolf von Bilguer, ein Bericht über das berühmte Schachdorf Ströbeck bei Halberstadt und eine Abhandlung über das erste in deutscher Sprache gedruckte Schachlehrbuch, den „Selenus“, welcher sich in Schmidts Besitz befand, behandelt.
Weiterhin werden zwei Schachpartien von Reinhold Schmidt gezeigt. Die eine spielte er als Beratungspartie an der Seite des großen Siegbert Tarrasch, die andere verlor er bei einem Schachkongress des Saale-Schachbundes im Hauptturnier gegen den Meisterspieler Paul Lipke.
Mit einigen Artikeln aus Schmidts Feder über lokale und regionale Schachereignisse und einigen Zeilen der Herausgeber endet das Buch. Da wäre nun alles Wichtige gesagt und nun kann sich jeder selbst in die Zeit der 1880er Jahre begeben.
Der Arbeit voran gestellt sind Geleitworte von zwei der wichtigsten und bekanntesten deutschen Schachgrößen, den Großmeistern Dr. Helmut Pfleger und Dr. Robert Hübner, gelesen werden. Der eine zählt durch seine ständige Medienpräsenz über viele Jahrzehnte hinweg zu den bekanntesten „Schachherolden“, und der andere dürfte nach Emanuel Lasker wohl der erfolgreichste deutsche Schachspieler aller Zeiten sein.
Das Buch hat einen Festeinband, Farbdruck und ist bebildert, 208 Seiten+Titelei+10 Vorsatzseiten u.a. mit Vorworten von GM Dr. Pfleger und GM Dr. Hübner.
Druck: Repromedia GmbH Leipzig in Zusammenarbeit mit Edition Strom & Strom, DS Druck-Strom GmbH Leipzig. ISBN 978-3-939516-11-8.
Zu den Herausgebern:
Fritz Hoffmann wurde am 20. Oktober 1932 in Weißenfels / Sachsen-Anhalt geboren. Er war FIDE-Meister und Internationaler Schiedsrichter für Problemkompositionen. Fritz Hoffmann war mit seiner Frau Waltraud verheiratet und Vater zweier Söhne. Seine berufliche Laufbahn begann er als Lehrer und arbeitete später bis zu seiner Pensionierung in der Verwaltung des Schuhkombinates seiner Heimatstadt.
Als Problemkomponist gehört er zu den bekanntesten in Deutschland. Er ist Autor und Co-Autor mehrerer Publikationen über das Problemschach. Das bekannteste Buch ist „Tausend Jahre Schachprobleme“. Erfolgreich war auch das Werk „Schach unter der Lupe“, welches er mit Namensvetter Johannes Hoffmann in zwei Auflagen herausgab. Mit der Analyse von Reinhold Schmidts Geschichten und Schachaufgaben beschäftigte er sich seit 1988. Fritz Hoffmann verstarb in der Planungsphase zu den „Schachgeschichten“ am 12. Juli 2016 in Weißenfels.
Dr. Antje Göhler wurde am 18. Oktober 1967 als Antje Riedel in Berlin geboren. Sie ist mit Torsten Göhler verheiratet und Mutter eines Sohnes und einer Tochter. Nach einem Germanistikstudium in Leipzig beendete Antje Göhler 2011 ihre Forschungen zum literarischen Expressionismus und seiner Antikerezeption mit einer Promotion an der FernUniversität in Hagen. Die Promotion wurde bei Frank & Timme GmbH Berlin (ISBN 978-3-86597-3772)publiziert.
2014 veröffentlichte sie ihren Debütroman „Balcke oder Der hypermoderne Prometheus“ (ISBN 978-3-943889-62-8), der mit autobiographischen Elementen zu einer schachlichen Zeitreise durch die Mitte Berlins einlädt. Sie trägt seit 1985 den Titel Internationale Schachmeisterin. Zu ihren größten sportlichen Erfolgen zählt 1988 der Titelgewinn bei der DDR-Frauenmeisterschaft. DDR-Titel beim Nachwuchs, zwei DDR-Blitztitel bei den Frauen und fünf mit der Mannschaft von AdW Berlin komplettieren diese Erfolgsbilanz. Sie spielt für Rotation Pankow in der 2. Frauenbundesliga. Mit dem Reinhold Schmidt-Projekt beschäftigte sie sich seit dem Frühjahr 2016.
Konrad Reiß wurde am 19. September 1953 in Löberitz geboren. Er ist mit Katharina Reiß verheiratet und Vater von fünf Mädchen. Nach der Ausbildung als Werkzeugmacher von 1970 bis 73 arbeitete er in diesem handwerklichen Beruf. Nach Umschulung zum Verwaltungsangestellten arbeitet er bei der Gemeinde Löberitz in den Fachbereichen Liegenschaften und Öffentlichkeitsarbeit und später bei der Stadt Zörbig in den Fachbereichen Kommunalrecht, Arbeitssicherheit und Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehörte auch die Herausgabe des Bekanntmachungsorgans „Zörbiger Bote“. Von 2010 bis 2014 leitete er beim gleichen Arbeitsgeber das Grundstücks- und Gebäudemanagement.
Konrad Reiß aktivierte ab 1978 die Löberitzer Schachtradition und begründete 2007 das Schachmuseum Löberitz. Er spielt bei dem Traditionsverein SG 1871 Löberitz. Konrad Reiß ist u. a. Autor der Publikationen „Schach in Löberitz“ (1996), „Der Saaleschachbund“ (2007) und der Monographie „Das Schach- oder König-Spiel des Gustavus Selenus“ (2013), für die er 2013 in Leipzig den Mitteldeutschen Historikerpreis in der Kategorie Kulturgeschichte erhielt. Mit Forschungen zu Reinhold Schmidts Schachgeschichten befasste er sich seit 1982.
Elke Rehder wurde am 4. Mai 1953 in Hamburg geboren. Sie ist mit Helmut Rehder verheiratet. Sie studierte 1979–1980 Freie Kunst an der „Heatherley School of Fine Art“ in London. 1984–1987 war sie Mitglied der „Paddington Art Society“ und 1986–1996 der „Free Painters and Sculptors“ in London. Elke Rehder ist Malerin, Grafikerin und Buchkünstlerin mit den Schwerpunkten Schach und Literatur. Neben ihren künstlerischen Arbeiten gab sie auch mehrere Bücher zum Thema Schach heraus. Genannt seien hier „Schach im Spiegel der Gesellschaft“ (1992) (ISBN 3-924833-26-5), „Schach in Zeitungen des 19. Jahrhunderts“ (2014), Edition Jung, Homburg, (ISBN 978-3-933648-54-9) und „Schachaufgaben im Original“, Bd. I, aus Payne's Illustrirter Familien-Kalender 1858-1865 (2016). 1992 erhielt Rehder den 1. Preis der Bernhard-Kaufmann-Gesellschaft in Worpswede. In das Reinhold Schmidt-Projekt ist sie seit dem Sommer 2016 eingebunden.
Ein Buch zur Schachgeschichte von Sachsen-Anhalt, zur Geschichte des Postwesens und zur Geschichte des Fernschachs von Konrad Reiß - Mit Partieanalysen von Großmeister Dr. Robert Hübner
Wenn Sie sich mit dem Büchlein „Der Correspondenz-Schachkampf zwischen der Stadt Dessau und dem Dorf Löberitz“ beschäftigen wollen, dann müssen Sie alles vergessen, was uns unsere Zeit so an Kommunikationsmitteln beschert. Angefangen vom Radio, dem Fernsehen, dem Telefon und dem Telefax. Auch das Internet spielt dort keine Rolle. Egal ob es langsam oder schnell ist.
Wir begeben uns in eine Zeit, die für die Menschen noch Ruheräume bereithielt und vor allem im Herbst und Winter sogar wetterbedingte Ruhepausen vorschrieb. Es ist die Zeit des ausklingenden 19. Jahrhunderts und genau auf den Punkt gebracht das Jahr 1883.
Hier wird über zwei Correspondenz-Partien, wie Fernschachpartien im damaligen Sprachgebrauch genannt wurden, berichtet. Dieser klangvolle Name - Correspondenz wurde da noch mit einem schwungvollem C geschrieben - wird auch mit seiner damaligen Schreibweise verwendet.
Als Gegner standen sich der Schachklub der Residenzstadt Dessau und der des Dorfes Löberitz gegenüber. Beide Vereine vereinbarten gegeneinander zwei Partien Schach zu spielen und die Züge per Brief oder Postkarte hin und her zu schicken.
Unterschiedlicher konnten die beiden Orte nicht sein. Nach dem Erlöschen der fürstlichen Linien des Hauses Askanien in Köthen und Bernburg mit ihren Sekundogenituren wurden diese 1863 mit dem in Dessau residierenden Fürstentum wiedervereinigt. Das neue, nun größere und damit weitaus repräsentativere Haus Anhalt wurde zum Herzogtum erhoben und behielt Dessau als Hauptstadt.
Herzog von Anhalt und damit Landesvater war in dieser Zeit Friedrich I. und Franz Medicus stand als Oberbürgermeister an der Spitze der Stadtverwaltung. Gemäß einer Volkszählung im Jahr 1885 wohnten in Dessau 27766 Menschen.
Löberitz dagegen war ein kleiner Ort nahe der Kleinstadt Zörbig und lag in der preußischen Provinz Sachsen. Der Bürgermeister von Löberitz hieß Leise und war Mitglied des dortigen Schachklubs!
Für ihre Vereine in Dessau und Löberitz führten Otto Rosenbaum, ein angesehener jüdischer Kaufmann, und der Ziegeleibesitzer Franz Ohme den Briefverkehr.
Die Partien sind sicherlich keine großen Meisterwerke. Auch nicht zur damaligen Zeit. Doch der Umstand, dass fast der ganze Briefverkehr, jedenfalls der, der aus Richtung Löberitz nach Dessau ging, erhalten ist, macht das Geschehen so einzigartig.
Nicht alle Briefe und Karten sind mehr vorhanden, doch anhand eines doppelseitig beschriebenen Schriftstückes können die Partien der Vergangenheit und damit dem Vergessen entrissen werden.
Briefe und Karten der Correspondenz sind in der deutschen Kurrentschrift geschrieben. Doch es gibt eine Kurrentschrift und die „Ohmesche Kurrentschrift“. Dessen ausgeschriebene Handschrift ist äußerst schwer zu lesen und manche Buchstaben können mehr oder weniger nur erahnt werden. Rosenbaums Handschrift, der der zweiseitige Partiezusammenfassung zugeordnet wird, ist dagegen sehr gut zu lesbar.
Schachgroßmeister Dr. Robert Hübner gewonnen werden.
Für die Partievorstellung konnte kein Geringerer alsDabei folgt der Großmeister neben dem erhaltenen Schriftwechsel auch dem erhalten gebliebenen beidseitig beschriebenen Notationsblatt.
Berichtet wird auch über das damalige Postwesen und die Herkunft der alten Postkarten und Briefe.
Das Buch mit 106 + XIV Vorsatzseiten erscheint im Farbdruck in einer Paperback-Auflage von 100 Exemplaren. Es ist mit 126 Fotos reich bebildert und enthält 12 Diagramme.
Geleitworte verfassten Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Peter Kuras, Oberbürgermeister der Stadt Dessau-Roßlau, Arno Nickel, Fernschachgroßmeister, zweifacher Fernschach-Olympiasieger und erfolgreicher Verleger aus Berlin, Andreas Domaske, Präsidenten des Landesschachverbandes von Sachsen-Anhalt und Hersteller dieses Buches aus Leipzig sowie Andreas Daus, in seiner Eigenschaft als Ortsbürgermeister von Löberitz und als Präsident der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz.
Herausgeber ist unter der Trägerschaft der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz e.V. das Schachmuseum Löberitz. Verlag & Druck lag in den bewährten Händen der Firma Repromedia GmbH Leipzig.
Ein Buch zur Schachgeschichte des Landes Sachsen-Anhalt von Konrad Reiß
Am 18. Juli 1877 kam es in Leipzig anlässlich einer Feier zum 50. Schachjubiläum des Vorkämpfers des Deutschen Schachs Adolf Anderssen zur Gründung des "Deutschen Schachbundes". Damit waren die Schachspieler allen anderen Sportvereinigungen weit voraus. Die ersten richtungweisenden Kongresse dieses neugegründeten Bundes fanden 1879 in Leipzig und 1881 in Berlin statt.
Für die mitteldeutschen Vereine war die Teilnahme durch das immer stärker in Mode kommende Transportmittel "Eisenbahn" gut möglich. Für die folgenden Kongresse in Nürnberg, Hamburg, Frankfurt / Main und Breslau galt das auch, doch die Entfernungen und der dabei zu veranschlagende Zeitaufwand waren erheblich.
Hier war der Deutsche Schachbund als Zentralinstitution überfordert und einfach eine Nummer zu groß. Es musste eine, den lokalen Verhältnissen entsprechende Lösung gefunden werden, die die Vorteile des "Deutschen Schachbundes" aufrechterhielt, aber auch durch eine örtliche Präsenz die Nachteile vermied.
Diese Lösung sollte gefunden werden, denn schon wenige Jahre nach der Gründung des Deutschen Schachbundes gab es ernsthafte Bestrebungen, das schachliche Leben auf den lokalen Ebenen zu verbessern. Dabei waren die im Halleschem Raum existierenden Vereine am schnellsten. Die gemeinsam ins Visier genommenen Ziele beflügelten die Ideen.
Am Sonntag, dem 8. Oktober 1882 trafen sich in der nordöstlich von Halle/Saale gelegenen Stadt Zörbig die Vertreter dreier Vereine, um in "Bettmann's Hotel" einen Schachbund zu gründen. Diese Vereinigung erhielt den Namen "Saale-Schachbund" und wurde somit der erste Landesverband des Deutschen Schachbundes.
Gründungsmitglieder waren die Schachclubs aus Halle, Löberitz und Zörbig. Sein Name bezieht sich auf den die Region durchfließenden Fluss. Trotz einiger Versuche zur Änderung des Namens hielten die Verbandsmitglieder der Saale die Treue. Selbst aus der Tatsache heraus, dass das Verbandsgebiet eine weitaus größere Ausdehnung hatte. Im Norden waren das die Altmark, im Süden der Burgenlandkreis, im Westen reichte es hinein nach Thüringen und den Harz sowie Richtung Osten weit über die Elbe hinweg. Der Saale-Schachbund erlebte 1945 mit dem Untergang des nationalsozialistischen Deutschen Reiches am Ende des 2. Weltkrieges ein abruptes Ende.
Am Anfang des Buchers sollten unbedingt die Fragen gestellt werden: Warum und für welch Klientel ist es geschrieben worden? Zur Beantwortung muss etwas in die Vergangenheit geschaut werden. Ganz speziell zu dem Verbandsende im Jahr 1945.
Das Verbandsgebiet des Saale-Schachbundes lag in der sowjetischen Besatzungszone; bzw. später auf dem Territorium der neu gegründeten Deutschen Demokratischen Republik. Die sportpolitischen Leitgedanken basierten in diesem neuen Gesellschaftssystem auf einer systemnahen Sportentwicklung. Es war eine Abkehr von der bürgerlichen und eigenbestimmten Sportbewegung. Sie akzeptierte wenige Ausnahmen.
Eine freie Sportentwicklung war nur bedingt möglich. Bestes Beispiel ist der staatlich verordnete Verzicht auf eine Teilnahme von Schachsportlern an Schacholympiaden oder Turnieren im westlichen Ausland.
Dass dennoch in der Zeit der DDR gut organisiert und erfolgreich Schach gespielt wurde, steht hier außer Frage.
Die erfolgreiche Geschichte des Saale-Schachbundes verschwand, wie bei allen anderen Sportverbänden, in einer Schublade der Geschichte für fast 45 Jahre.
In den drei westlichen Besatzungszonen wurde mit der Tradition des Deutschen Schachbundes und seiner integrierten Landesverbände völlig anders umgegangen. Die 12 Jahre Naziherrschaft wurden einfach ausgespart und man begann auf der Zeit vor 1933 aufzubauen. Sicherlich auch nicht in allen Bereichen optimal. So kamen viele „Nazi-Funktionäre“ und „Mitläufer“ in der westdeutschen Schachorganisation in einflussreiche Positionen.
Doch die Geschichte der dortigen Landesverbände lebte weiter und erhielt nach 1945 schnell die Möglichkeit, zu neuen Ufern aufzubrechen.
Zurück zum Saale-Schachbund. Erst nach der politischen Wende 1989/90 begab sich das Schach wieder in die Obhut des Deutschen Schachbunds und die neu oder wieder entstandenen Bundesländer gründeten eigenständige oder belebten die früher schon bestehenden Landesverbände.
Leider wurde im Land Sachsen-Anhalt mangels historischer Kenntnisse vieler alter und in der DDR groß gewordener Funktionsträger und im Übereifer eines neuen Aufbruchs nicht wieder der Name „Saale-Schachbund“ für den Landesschachverband verwendet. Der Name war inzwischen schon zu lange aus dem Gedächtnis der Akteure verschwunden.
Eine Fortsetzung der Tradition war also nicht so richtig zu erkennen.
Dieses Buch soll nunmehr die Historie des Saale-Schachbundes von seiner Gründung bis zum Untergang zusammenfassen. Da gibt es vieles zu berichten, aber einiges ist auch im Dunkel der Geschichte verschwunden. Nach jedem Jahr wird bekanntlich die Quellenlage schlechter.
Durch das Buch bietet sich eine gute Gelegenheit, die bisher bestehende Lücke in der Schachgeschichte Sachsen-Anhalts zu schließen und gleichzeitig die in den Saale-Schachbund involvierten Schachspieler, Amtsträger und Vereine zu würdigen.
Viele der Akteure des Saale-Schachbundes beeinflussten generell das schachliche Geschehen in Deutschland, ob als Spieler oder Funktionär. Zu nennen sind hier Siegbert Tarrasch, Bernhard Hülsen, Paul Lipke, Walther Freiherr von Holzhausen, Rudolf L'hermet, Bruno Buchholz, August Preuße, Dr. Fritz Kiok, Hans Platz oder Fritz Herrmann.
Bei der Beantwortung der zweiten Frage sieht es wesentlich düsterer aus, denn es gibt nicht viele, die sich für die regionale oder sogar lokale Schachgeschichte interessieren. Dabei kann Geschichte sehr lehrreich sein, denn dadurch können schon einmal gemachte Fehler aus der Vergangenheit vermieden werden und wiederum könnte auf positiven Aspekten aufgebaut werden.
Ein weiterer wichtiger Grund ist aber die Tatsache, dass das Buch ein auf Papier verewigter Wissensspeicher ist und sich auf lange Zeit in einen Wettlauf mit den Digitalmedien begeben wird, von dem wir heute noch nicht wissen, wer hier den Sieg davonträgt.
So war es wichtig, dass in die Geschichte des Saale-Schachbundes auch schachliche Begebenheiten aus dem Verbandsgebiet als Hintergrundinformation erwähnt werden. Dadurch erhält man sogleich einen besseren Blick auf die jeweils beschriebene Zeit.
Eine umfassende Quellenangabe soll der zukünftigen Forschung einen schnellen Zugang zu den primären Informationen ermöglichen.
Schwerpunkte in diesem Buch sind natürlich die Kongresse des Saale-Schachbundes. Hier sind die vorliegenden Quellen und Informationen ganz unterschiedlich, einmal oft lückenhaft und unvollständig und das andere Mal sehr üppig und fundiert.
Neben den vorhandenen Dokumenten des Schachmuseums Löberitz und Bücher der Bibliothek „Theresia v. Avila“ konnten zahlreiche neue Belege und Informationen mit in das Buch aufgenommen werden.
Sehr aufschlussreich waren auch die handschriftlichen Chroniken und Protokollbücher des Bernburger Schachklubs. Sie befinden sich jetzt im Bestand des Schachmuseums Löberitz und werden dort zurzeit digitalisiert.
Hinzu kamen die handschriftlichen Chroniken zweier weiterer Verbandsmitglieder, die der Schachklubs aus Greppin und Holzweißig.
Eine weitere wesentliche Quelle sind die erst 2019 dem Museum von dem Ascherslebener Günter Thormann übergebenen zwei Protokollbücher des Harzer Schachbundes. Diese liegen inzwischen digitalisiert vor und sind somit für jeden Interessenten abrufbar.
Inzwischen erhielt das Schachmuseum Löberitz von dem Brandenburger Alfred Pieske den schachlichen Nachlass seines Vaters Walter Pieske aus Dessau. Ein wunderbarer Fundus alter Akten und Dokumente aus der Zeit zwischen 1884 und 1920. Ein Großteil davon wird in diesem Buch erstmalig veröffentlicht.
Weitere Informationen konnten im Heimatmuseum Zörbig, hier vor allem durch den Nachlass des Schachliteraten Reinhold Schmidt, sowie den Stadtarchiven in Halle, Magdeburg, Dessau und Schönebeck gesammelt werden. 2019 kam als weitere Institution noch das Landesarchiv von Sachsen-Anhalt, Abt. Dessau, hinzu. Alles zusammen auf 356 Seiten + 16 Seiten Titelei komprimiert und reich bebildert.
Es ist ein Weg durch die Geschichte. Beginnend in einer euphorischen Zeit nach der Reichsgründung 1871, geht es zeitlich weiter durch das Wilhelminische Kaiserreich, durch die Zeit des 1. Weltkrieges, durch die Weimarer Republik, die bedrückende Zeit der Diktatur des Nationalsozialismus bis hin zum 2. Weltkrieg.
Dessen Ende verursachte auch das Ende des Saale-Schachbundes. Im Anschluss und in einer sich vollziehenden politischen Neuordnung gab es weder Zeit noch Raum für eine Würdigung des Saale-Schachbundes.
Diese soll durch dieses Buch für den Vorgänger des zur jetzigen Zeit agierenden Landesschachverbandes von Sachsen-Anhalt erfolgen. Es ist ein Weg durch die Schachgeschichte Mitteldeutschlands im Allgemeinen und die des Landes Sachsen-Anhalt im Speziellen. Ein Gebiet, welches von der Saale, die dem Verband ihren Namen gab, durchflossen wird.
Aus Anlass des 30. Jahrestages der Vereinsneugründung der SG 1871 Löberitz stellte Konrad Reiß am 26. April 2013 die von ihm erstellte Monographie „Das Schach- oder König-Spiel des Gustavus Selenus“ vor. Es handelt sich hierbei um eine sehr detaillierte Ausführung über die Entstehungsgeschichte, den Inhalt und die Historie eines der wichtigsten und bekanntesten Werke der deutschen Schachliteratur.
Im Jahre 1616/1617 verfasste Herzog August von Braunschweig-Lüneburg unter dem Pseudonym Gustavus Selenus das erste in deutscher Sprache gedruckte Schachbuch.
Konrad Reiß schildert sowohl in der Monographie als auch zur Buchvorstellung sehr anschaulich und interessant die Bedeutung dieses Werkes und die spannende Geschichte, wie eines der Exemplare, welches in Leipzig gedruckt und verlegt wurde, über verschiedene Stationen nach Zörbig kam, dann für mehr als ein Jahrhundert spurlos verschwand und durch glückliche Fügungen in den Bestand des Löberitzer Schachmuseums gelangte.
Die Monographie wurde in einer limitierten Auflagenstärke von 64 Stück gedruckt – für jedes Schachfeld eines. So enthält jedes Buch im Einband den Namen eines der Schachfelder und so ist in diesem Sinne jedes der Bücher ein Einzelstück. Diese limitierte Auflage betont noch einmal die Stellung des Sammlerwerks für Schachliebhaber. Zum Anlass der Buchvorstellung wurden bereits einige der Exemplare verteilt. Eine Besonderheit dabei ist, dass der Autor der Monographie Aufzeichnung darüber führt, an wen jedes Exemplar geht. In der Hoffnung, dass es der Monographie nicht so ergeht, wie dem Selenus.
Der damalige Präsident des LSV Sachsen-Anhalt, Dr. Ing. habil. Günter Reinemann, der als Gast der Buchvorstellung beiwohnte, würdigte in einer kleinen Laudatio die Arbeit von Konrad Reiß und betonte die Bedeutung des Werkes sowohl für den Schachverband Sachsen-Anhalts im Allgemeinen als auch für die SG 1871 Löberitz im Speziellen.
Im Löberitzer Schachmuseum ist nun also nicht nur ein Original des Selenus, sondern auch eine gelungene Aufarbeitung dessen bewegter Geschichte beheimatet. An mehreren Stationen des Löberitzer Schachclubs bzw. des Museums trifft der interessierte Schachhistoriker auf Informationen zum Selenus (Wandtafel, Ausstellung, Duplikate). Auf diese Weise wird das Werk einem breiteren Publikum zugänglich gemacht und für die Nachwelt erhalten.
Begrüßt werden konnte auch der Buchbindermeister und Lehrer Thomas Klein von der Gutenbergschule Leipzig, dem berufliches Schulzentrum der Stadt Leipzig für Buch, Büro, Druck, Medien, Sprachen und Kunst.
Die Gestaltung und Fertigung des Buches erfolgte durch die Firma Repromedia Leipzig mit wesentlicher Unterstützung seines Geschäftsführers und jetzigen Präsidenten des LSV Sachsen-Anhalt, Andreas Domaske.
Die Monographie von Konrad Reiß erfuhr hohe Anerkennung durch die Verleihung des Ur-Krostitzer Jahresringes. Der Ur-Krostitzer Jahresring ist ein mitteldeutscher Historikerpreis, der ausschließlich an Laien- oder Freizeithistoriker, die Geschichte weder studieren bzw. studiert haben, noch auf diesem Feld professionell tätig sind, verliehen wird.