1933 kam für den Bund, wie bei vielen ähnliche Institutionen und Organisationen in Deutschland auch, das Ende der Selbständigkeit. Er wurde als souverän arbeitende Organisationseinheit des Deutschen Schachbund aufgelöst und mit seinen Vereinen im Großdeutschen Schachbund eingegliedert und damit gleichgeschaltet. Alle jüdischen Bundesmitglieder wurden ohne Ausnahme ausgeschlossen.
Der neben dem bürgerlich orientierten Deutschen Schachbund agierende Arbeiterschachbund und die kirchlichen Schachbünde wurden verboten und aufgelöst oder mussten sich unter harten Auflagen unterordnen. Dazu gehörte die Verpflichtung, alle politischen Aktivitäten zu unterlassen.
Der Saale-Schachbund wurde als Landesverband im Deutschen Schachbund mit in den neu geschaffenen Großdeutschen Schachbund integriert und auf das sogenannte Führerprinzip umgestellt. Erstaunlich, dass der Landesverband für die Provinz Sachsen und dem Freistaat Anhalt seinen Namen behalten durfte. Vielleicht lag es auch daran, dass der bisherige Bundesleiter Dr. Kiok in den Großdeutschen Schachbund aufrückte und dort als Geschäftsführer fungierte.
Im Großdeutschen Schachbund, zu dem der Saaleschachbund nun gehörte, hat der Propagandaminister Dr. Goebbels das Ehrenpräsidium übernommen. Das Deutsche Reich wurde in 6 Inspektionen eingeteilt. Der Saaleschachbund wurde der Inspektion IV (Mitte) zusammen mit den Verbänden Schlesien, Oberschlesien, Sachsen und Thüringen zugeordnet.
Noch erschütternder zum Großdeutschen Schachbund ist folgende Meldung: Der Bundesleiter Otto Zander gibt im Bundesorgan folgende Erläuterung zur Judenfrage: „Juden können wir zu unserer Arbeit nicht brauchen, sie haben aus den Vereinen zu verschwinden, denn sie waren in Deutschland die Erfinder und Förderer des Klassenkampfes und hetzen jetzt die anderen Völker mit ihrer Lügenpropaganda gegen unser Vaterland. Ich will gestatten, dass Mitglieder, die unter ihren Großeltern drei Arien und nur einen Juden haben, in den Vereinen bleiben, sofern sie deutsch gesonnen sind.“
Im Saaleschachbund wurde die gesamte Bundesleitung ausgewechselt. 1938 steht Paul Voigt aus Magdeburg dem Bund als Leiter vor. Stellvertreter und Propagandist war mit Georg Münchhoff ebenfalls ein Magdeburger. Auffällig ist die Tatsache, dass der gesamte neunköpfige Vorstand aus Magdeburg kam.
Der Nationalsozialismus hatte auch im Schach sein Alleinherrschaftsanspruch durchgesetzt.
Interessant ist auch folgende Meldung in der Februar-Ausgabe der „Deutschen Schachzeitung“ des Jahres 1933 über das Schachleben in Sangerhausen: Der hiesige Schachklub erfreut sich nicht nur eines starken Klublebens, sondern entwickelt auch nach außen eine segensreiche Tätigkeit. Im Arbeitslosentagesheim erteilt Rudolf Päßler seit einem halben Jahre mit großem Erfolge Schachunterricht. Schon im Herbst konnte ein Gruppenturnier mit 23 Spielern ausgetragen werden. Als Preise gab es Lebensmittel. Die Preisverteilung wurde mit der Weihnachtsfeier verbunden.
Kurz darauf begann schon ein neues Turnier mit 45 Spieler in 4 Gruppen.
Am 18. Januar gab es einen Wettkampf des A. T. H. gegen die 2. Mannschaft des Schachklubs, den diese, über größere Spielerfahrung verfügend, mit 11: 2 gewann.
Zu Ostern tagte in Bernburg der Ostgau des Saaleschachbundes. Gaumeister wurde Obergefreiter Gerling.
Aus Magdeburg wird berichtet, dass Dr. Kiok den Vorsitz des Saaleschachbundes niedergelegt hat. In den Vorstand trat nun das NSDAP-Mitglied Erich Tribius ein.
Weiter wird explizit in der „Deutschen Schachzeitung“ von einer weiteren Personalie wörtlich berichtet: „Der Magdeburger Schachklub hat 2 Nationalsozialisten, Dr. med. Fritz Wolf und Kaufmann Peters in den Vorstand aufgenommen, will aber unpolitisch bleiben.“ Die aus der Mitteilung resultierende Botschaft ist aber eindeutig.
Die Meisterschaft des Südgaues fand vom 14. bis zum 17. April in Nordhausen statt. Hier siegte im Meisterschaftsturnier der Weißenfelser Stein und im Hauptturnier Opfermann vom Gastgeber Nordhausen.
Mit etwa 200 Teilnehmern begann am 4. Oktober 1933 in Aschersleben der 43. Schachkongress des Saaleschachbundes. Die Meisterschaft von Sachsen-Anhalt gewann W. v. Holzhausen (6,0) vor Hübener (Merseburg), Dr. Bögel (Pforta), Herrmann (Dessau) und Sander (Magdeburg) (alle 4,5). Es folgen weiter: Preuße (Roßlau), Tribius (Magdeburg), K. Teichmann (Coswig), Buchholz (Magdeburg), Troschier und Kettner (beide Halle).
Das Turnier um die Meisterschaft des Saale-Schachbundes, das in zwei Gruppen ausgetragen wurde, gewann der Weißenfelser Quentz und Jacob aus Dessau. Im Hauptturnier, was ebenfalls in zwei Gruppen gespielt wurde, siegten Pfeifer aus Nordhausen und Kluge aus Halle.
An den Schirmherrn des Großdeutschen Schachbundes Dr. Goebbels wurde ein Begrüßungstelegramm gesandt.
In einer Zeit der Umorientierung überboten sich neue Leute mit Aktionen und Unternehmungen. So berichtet Gauspielleiter Rudolf Becker aus Calbe/S., im Geist und in der Sprache der damaligen Zeit in den „Deutschen Schachblättern“ ausführlich über die Entstehung eines Gaus:
So wurde ein Gau
An der Wende des Jahres 1935/36 hatte der Bezirk Schönebeck/Elbe 6 Vereine und 124 Mitglieder. Im Frühjahr wurden in zwei Dörfern neue Schachvereine ins Leben gerufen. Wie so oft, kommt auch hier der Appetit mit dem Essen. Ein großes Gebiet, unorganisiert, schiebt sich wie ein Keil zwischen den Magdeburger- und den Südgau. Dieses Gebiet wollen wir organisieren und einen neuen Gau schaffen. Eine große und dankbare Aufgabe, viel Arbeit, aber ein herrliches Ziel. Dem deutschen Schach wird ein neues Gebiet erobert. Großzügig wird ein Arbeitsplan entworfen, Bezirksleiter werden eingesetzt und bald vergeht keine Woche, in der nicht ein neuer Schachklub gegründet wird. Ende November ist das vorläufige Ziel erreicht. Der „Kreis“ Schönebeck/Elbe hat 400 Mitglieder und wird damit zum „Gau“ erhoben. Wenn man berücksichtigt, dass es sich bei der Organisation des erwähnten Gebietes um ein fast ausschließlich ländliches handelt, und die Vereinsgründungen in meist ganz kleinen Orten vorgenommen wurden, die ganze Aktion aber im Laufe eines Jahres den Zuwachs von 16 neuen Vereinen und 280 Mitgliedern erbrachte, so ist dies ein sehr beachtlicher Erfolg.
Doch nun zur Praxis unserer Arbeit und einige Fingerzeige. Im Laufe des Vorstoßes in schachliches Neuland wurden von uns gegründet 8 Vereine in Orten von 1-3000 Einwohnern, 5 Vereine in Orten von 3-6000 Einwohnern und 2 Vereine in Orten von 8 und 11 000 Einwohnern. Durch Anschluss eines Vereins an einen Gau umfasst dieser jetzt ca. 450 Mitglieder, in 22 Vereinen organisiert.
Es hat sich bei unserer Arbeit herausgestellt, dass man am schnellsten zum Ziel kommt, wenn man sich nicht erst auf lange Schreibereien einlässt, sondern gleich persönlich in die zur Gründung vorgesehenen Orte fährt. In jedem Orte bekommt man schon beim ersten Mal Verbindung mit Schachspielern. Polizei, Gastwirtschaft, Zeitung, soweit am Ort, Passanten usw. wissen auf Anfrage immer einige Namen von Schachspielern. Persönliche Rücksprache mit diesen hat meistens den Erfolg, dass die Vorarbeiten von einem von ihnen übernommen werden. Diese bestehen in der Zusammenstellung von Namen ihm bekannter Schachspieler, im Aushängen von Werbeplakaten und in der Werbung von Schachspielern für den zu gründenden Verein. Immer hat sich die Presse für unsere Aufgabe zur Verfügung gestellt. Von der Aufnahme der Verbindung bis zur Gründung des Vereins erschienen 5-6 Artikel über Schach, jedes Mal mit dem Hinweis auf die baldige Gründung. Bei solcher Vorarbeit hat man sehr bald feste Zusagen von 5-10 Beteiligten und vielleicht 10-15 Namen von evtl. Interessenten. Dann schreitet man einfach zur Gründung. Briefliche Einladungen an die Interessenten, ein Hinweis in der Zeitung unter Lokales und 5-10 Plakate machen darauf aufmerksam. Ist der Anfang gemacht, kommen durch Werbeaktion des neugegründeten Vereins stets noch neue Mitglieder hinzu. Diese Methode der Vereinsgründungen wurde bei uns stets angewandt und hat jedes Mal zum Erfolg geführt.
1936 traf sich der Saale-Schachbund vom 9. bis zum 11. Oktober im Gesellschaftshaus in Leuna zu seinem 46. Bundestreffen.
Im Meisterturnier wurde Hermann aus Dessau mit 7,0 Punkten aus 7 Runden bei 14 Teilnehmer überlegener Sieger und damit „Meister des Saaleschachbundes 1936“. Er verwies Altmeister Preuße / Dessau (5,0), Jühne / Mühlberg (4,5) und Hübner / Halle (4,0) auf die nachfolgenden Ränge.
Weiterhin hatten sich nachfolgende Spieler in Bezirksmeisterschaften für das Finale qualifiziert: Schlehan / Dessau, Kessel / Leuna, Hopp / Magdeburg, Hofmann / Halle, Sohn / Dessau, Dr. Leisterer / Bockwitz, Quente / Naumburg, Badestein / Halle, Lohoff / Aschersleben und Quecke / Magdeburg.
Die Bezirksmeisterschaft des Bezirkes 2 im Südgau des Saale-Schachbundes erkämpfte sich Jansen (Beuna). Den Titel eines Bezirksmannschaftsmeister und den Wanderpreis der „Merseburger Zeitung“ gewannen die Schachfreunde Beuna-Kötzschen. Der Verein wurde im September 1933 gegründet und ist nach Nordhausen und Sangerhausen der drittstärkste Verein im Südgau des Saale-Sshachbundes.
Der Hallische Schachklub feierte sein 75 jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass gab es einen Massenwettkampf zwischen dem West-Bezirk des Schachgau Groß-Leipzig gegen den Schachgau Halle. Leipzig gewann 25:20.
Beim dritten Vorturnier zur Meisterschaft von Deutschland, das vom 13. bis zum 20. Juni 1937 in Bad Saarow stattfand und von Heinrich gewonnen wurde, kam der Vertreter des Saaleschachbundes, Herrmann, mit 5,0 aus 9 auf Platz 6.
In einem Mannschaftskampf siegte Magdeburg in Blankenburg am Harz überlegen gegen die Harzgau-Mannschaft des Saaleschachbundes mit 23,5:8,5.
Der 47. Kongress des Saale-Schachbundes fand 1937 vom 3. bis zum 10. Oktober in Magdeburg statt. Im Mittelpunkt stand das v. Holzhausen Gedenkturnier, welches der Magdeburger Schachklub anlässlich seines 70 jährige Jubiläum veranstaltete. An diesem Turnier nahmen außer fünf Magdeburger Spieler vier deutsche Meister teil. Den 1. Preis gewann Reinhardt (Hamburg-Altona) mit 8,0 Punkten aus 8 Partien vor 2.-4. L. Engels und Rellstab sowie Fritz Sämisch (alle 6,0). Im großem Abstand folgen Wurl (3,5), Quecke (3,0), Saborowski (2,0) Dröge (1,0) und Dr. Meyer 0,5).
Am Turnier der Bundesmeisterschaft beteiligten sich 16 Spieler. Durch bessere Wertung gewann Preuße / Roßlau vor Badestein / Halle, Sohn / Dessau, Keck / Halle (alle 5,0) sowie Quente / Weißenfels und Jühe / Mühlberg (beide 4,5).
Das Hauptturnier gewann Siedau / Magdeburg (6,0) vor M. Schmidt / Köthen und Büchner / Magdeburg (beide 5,5).
Sogar ein Frauenturnier kam zur Austragung. Es gewann Frl. Jühling aus Magdeburg.
Die Mannschaftsmeisterschaft des Verbandes sicherte sich der Magdeburger Schachklub durch einen knappen 5,5 : 4,5 Sieg über den Dessauer Schachklub.
1938 wurde in Halle der I. Hallische Damenschachklub gegründet. Die Leitung übernahm Pgn. Rengert. Weiterhin kam es zu weiteren Vereinsgründungen, die Schachfreunde Ammendorf und der S. C. Reideburg.
Alle drei Vereine schlossen sich sofort nach Gründung dem Saaleschachbund an.
Die Gaumannschaftsmeisterschaft des Südgaus des Saaleschachbundes errang der Hallische SC durch einen 6,5:3,5 Sieg über Nordhausen.
Bei der Gaueinzelmeisterschaft im Gau Magdeburg siegte Platz vor Roth (beide Magdeburger SK), Kannemann (Wilhelmstadt) und Steimetz (Neuhaldensleben).
Vom 12.-16. Oktober1938 fand im Rahmen der 800 -Jahrfeier der Stadt die 48. Tagung des Saale- Schachbundes statt. Im Meisterschaftsturnier (14 Teilnehmer, 7 Runden nach Schweizer System) siegte mit 5,5 Punkten der 18 jährige Hans Platz aus Magdeburg, der es damit in zwei Jahren vom Jugendturniersieger zum Magdeburger Gaumeister gebracht hatte.
Mit 5,0 Punkten folgten Herrmann (Bernburg), Jühe (Mühlberg) und Schweingel (Schmiedeberg), Titelverteidiger A. Preuße (Roßlau) 4, Esser (Halle), Heyne (Zeitz), Sidau 3,5, Hopp (beide Magdeburg), Sporleder (Calbe) 3, Kahnt (Weißenfels), Kannemann 2,5, Roth (Magdeburg) 2,0 sowie Krüger-Osterwieck 1,0.
Im Hauptturnier wurden bei 16 Teilnehmern 7 Runden gespielt. Es gewann Rief (Naumburg) 5,5, Saborowski, Dröge (beide Magdeburg), Wilken (Bernburg), Brehme (Halberstadt), Brückner (Bernburg) 4,5, Döring (Magdeburg) und Hoffmann (Halle) 3,5.
Im Damenturnier siegte Frl. Juling und im Jugendturnier G. Preis (Magdeburg).
Weiter wurde neben anderen Mannschaftskämpfen auch das Endspiel um die Mannschaftsmeisterschaft des Verbandes austrugen, wobei der Hallische SK mit 5,5:4,5 über Dessau siegte.
Dem Rechtsanwalt Dr. Kortüm (Magdeburg), Dr. Krahnstöver (Bitterfeld) und dem Geschäftsführer des GDSB, E. Post, wurden Ehrennadeln des Verbandes überreicht. Post betonte in einer Ansprache unter anderem die führende Stellung des GDSB unter der neuen Leitung und gab der Erwartung Ausdruck, dass der Saaleschachbund auch weiter zum Blühen und Gedeihen des deutschen Schachs beitragen werde.
Anfang 1942 gewann in Magdeburg der dortige Schachklub gegen eine Auswahlmannschaft der Vereine Bernburg, Schönebeck und Staßfurt mit 32,5:12,5.
In der Mitte des Jahres feierte der Magdeburger Schachklub sein 75 jähriges Bestehen. Das Jubiläumsturnier der 1. Klasse gewann der Klubwart Willi Krakau (9,0) vor Klinnig und Köhn (beide 9,0) sowie Bohn und Dröge (beide 8,5).
Nach dem Krieg bekam in den westlichen Besatzungszonen der Deutsche Schachbund wieder die Möglichkeit zur Fortführung seiner einmaligen Tradition und Geschichte, während im Osten durch die Sparte Schach, später Deutscher Schachverband der DDR, im Deutschen Turn- und Sportbund das schachliche Leben neu geregelt wurde. Die zentrale Orientierung baute auf den Arbeitersport auf und ließ damit keinen Platz für die erfolgreichen bürgerlichen Traditionen.
Dennoch kam es zu einem regen schachsportlichen Leben. Das frühere Gebiet des Saale-Schachbundes wurde vorrangig durch die Bezirksfachausschüsse der Bezirke Halle und Magdeburg repräsentiert.
Erst nach der politischen Wende begab sich das Schach wieder in die Obhut des deutschen Schachbunds und die neu oder wieder entstandenen Bundesländer gründeten eigenständige Landesverbände.
Leider wurde im Land Sachsen-Anhalt mangels historischer Kenntnisse vieler alter und in der DDR groß gewordener Funktionsträger und im Übereifer eines neuen Aufbruchs nicht wieder der Name „Saale-Schachbund“ für den Landesschachverband verwendet, doch die wechselhafte Schachgeschichte des Saale-Schachbundes bleibt für alle Zeiten die Wurzel des Schachsports in Mitteldeutschland und speziell im Bundesland Sachsen-Anhalt.