Das Gedenkturnier von 1992 in Löberitz war Anlass für die Einweihung des Franz-Ohme-Schachdenkmals
Das traditionsreiche Franz-Ohme-Gedenkturnier der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz, welches jährlich in Löberitz zur Austragung kommt und 1992 von dem Halleschen Internationalen Meister Heinz Liebert gewonnen wurde, stand ganz im Zeichen der Einweihung des Franz-Ohme-Denkmals.
Dieser Gedenkstein ist der Gründung des Löberitzer Schachclubs im Jahre 1871 und seinem Begründer Friedrich Franz Ohme gewidmet.
Der 1,60 m hohe Obelisk aus schwarzem Lausitzer Granit wurde auf einem 0,60 m hohem Hügel gegenüber der Turnhalle „Dr. Emanuel Lasker“, dem ehemaligen Gasthof „Zur Weintraube“ und Gründungsort des Löberitzer Schachclubs, errichtet. Dort wurde Franz Ohme geboren und dort war auch für viele Jahre seine Wirkungsstätte.
Das Denkmal selbst wurde von dem ortsansässigen Bildhauer Sandro Turner nach dem Entwurf seines Meisters, dem Holz- und Steinbildhauer Walter Hachmeister, geschaffen und kann als gelungen ausgeführte Arbeit eingeschätzt werden.
Den Stein selbst stiftete Herr Walter Hachmeister, während die Fertigungskosten durch Spenden der Vereinsmitglieder der Schachgemeinschaft 1871 Löberitz e.V. oder von dem Verein nahestehenden Personen beglichen werden konnte.
Ein Leben für das Schach
Wer war Franz Ohme?
Sicherlich werden Sie sich diese Frage stellen. Leider wissen, selbst in Löberitz, nur noch wenige Bürger etwas über diesen, für das Löberitzer Kulturleben des vergangenen Jahrhunderts so bedeutenden Mann. Er war im Ort Dreh- und Angelpunkt und vor allem die Gründung des Schachclubs machte ihn damals in ganz Deutschland bekannt.
Das ist dann wohl auch das herausragendste Ereignis eines unruhigen, mit vielen Ideen und Initiativen ausgefüllten Lebens. Aber auch sonst machte sich Franz Ohme um Löberitz verdient. Doch bis es dazu kam, erst einmal einige Jahre zurück.
Am 8. September des Jahres 1835, der Geschützdonner der Völkerschlacht bei Leipzig war erst zwei Jahrzehnte verklungen, wurde dem Gasthofbesitzer Johann Gottlieb Ohme mittags 1.00 Uhr durch seine Frau Dorothea Rosina, geborene Tauchmann, ein Sohn geboren.
Keiner ahnte damals, welche Bedeutung und Einfluss der kleine Friedrich Franz Ohme viele Jahre später im Gemeindeleben des Dorfes erlangen sollte.
Nach dem Besuch der alten einklassigen Löberitzer Dorfschule erlernte er den Beruf eines Seilers und nur wenige Jahre später legte Franz Ohme in diesem Beruf die Meisterprüfung ab. Zur Berufsausübung kam es aber nicht, denn nach dem Tod des Vaters musste der Gaststättenbetrieb der „Weintraube“ übernommen und aufrechterhalten werden.
Die „Weintraube“, zu dieser Zeit hieß sie noch „Gasthof zur grünen Weintraube“, war schon über mehrere Generationen im Familienbesitz der Familie Ohme und seit jeher der größte Gasthof in Löberitz. Das brachte natürlich für Franz Ohme genug Arbeit und neue Aufgaben mit in die Erbschaft.
Die Gastwirtschaft war der kulturelle Mittelpunkt des Dorfes. Ständige Theateraufführungen und selbst Opern waren an der Tagesordnung. Am 29. März 1882 wurde dort sogar die durch eine lebende Schachpartie berühmte Operette „Der Seekadett“ aufgeführt.
Höhepunkte des Jahres waren Fasching, Kirmes und im Sommer eine „Italienische Nacht“ mit abschließendem Feuerwerk im Garten.
Der Gesangsverein, der Schachclub, der Turnverein, Tanzschulen und viele andere Personenkreise des pulsierenden Dorflebens hatten hier ihre Heimstätte.
Neben der Gaststätte unterhielt Franz Ohme noch einen Lebensmittelladen. Am 10 .Mai 1873 wurde ihm vom königlichen Postamt die Lizenz zur Unterhaltung einer öffentlichen Verkaufsstelle für Postwertzeichen übertragen. Diese Poststelle, die übrigens nach Schließung der „Weintraube“ wieder in diesem Haus untergebracht ist, war eine der ersten unserer Gegend.
Nicht nur im geschäftlichen Leben stand Franz Ohme seinen Mann, sondern auch im kulturellen.
Zusammen mit dem Schulmeister Karl Hennicke und dem Bauern Reinhard Uhlemann gründete Ohme 1864 den Gesangsverein „Liedertafel“. 1865 hob er den Turnverein aus der Taufe und stand diesem über viele Jahre als Vorsitzender vor und auch die Gründung der Freiwillige Feuerwehr muss ihm zugebilligt werden. Anfänglich übernahm Ohme die Leitung und noch im hohen Alter war er stellvertretender Feuerwehrhauptmann.
Die Gründung des Löberitzer Schachclubs im Jahre 1871 war Franz Ohmes Lebenswerk
Im Juni des Jahres 1871 gründete Franz Ohme im Gasthof „Zur Weintraube“ den Löberitzer Schachclub als einen der ersten organisierten Schachvereine in Deutschland.
Maßgeblichen Anteil bei der Vereinsgründung hatten der als Hauslehrer in Löberitz weilende und spätere Pastor von Ammendorf, Johann Melchior Kirsch, sowie der Landwirt Friedrich Gustav Krause.
Ohme führte den Schachclub zu ungeahnte Höhen. 1877 gehörten die Löberitzer Schachsportler mit zu den Gründungsvereinen des „Deutschen Schachbundes“.
Auch bei der Gründung des „Saaleschachbundes“ im benachbarten Zörbig durch die Schachclubs aus Halle, Löberitz und Zörbig war Franz Ohme einer der geistigen Väter. Da war es schon fast selbstverständlich, dass er, wenn auch nur für kurze Zeit, der erste Präsident des „Saaleschachbundes“ wurde.
Fünf große Schachkongresse dieses Bundes wurden zwischen 1883 und 1903 unter seiner Regie mit solchen Gästen wie Constantin Schwede, Siegbert Tarrasch oder Dr. Max Lange in der Löberitzer „Weintraube“ ausgetragen. Der Saaleschachbund entwickelte sich mit weit über hundert Schachvereinen zum größten Regionalverband in Deutschland.
Auch interessierte sich Ohme sehr für die Heimatgeschichte und so ist es nicht verwunderlich, dass er am 2. Oktober 1889 zum „Pfleger für das Provinzialmuseum Halle“, dem heutigen Landesmuseum, ernannt wurde. Mehrere frühgeschichtliche Funde auf der Gemarkung seines Heimatortes gehen auf sein Konto.
1869 heiratete Franz Ohme, nach dem Tod seiner ersten Frau, die aus Domnitz stammende Ernestine Rudloff. Im Jahre 1875 verkaufte er die Weintraube an seinen Schachfreund Wilhelm Pielenz und übernahm als Teilhaber die Ziegelei zwischen Zörbig und Löberitz.
Später geht sie ganz in sein Eigentum über.
Im hohen Alter verzog Franz Ohme. Leider lässt sich dadurch nicht Todesjahr und -ort ermitteln.
Er, der das Löberitzer Kulturleben fast ein halbes Jahrhundert mitgestaltete, starb relativ vereinsamt und unbeachtet.
Sein Werk von damals lebt mit den verschiedenen Vereinen in der Gemeinde Löberitz weiter und sein bewegtes Leben hat mit der Fortführung seiner schachlichen Ideen eine Erfüllung gefunden. Ein sicherlich bemerkenswertes Erbe!
Schon aus diesem Grund hat die „Schachgemeinschaft 1871 Löberitz e.V.“ dem Vereinsgründer Friedrich Franz Ohme im Namen aller Löberitzer und ihrer geschichtlichen Schachtradition ein Denkmal gesetzt.
Inzwischen hat das Denkmal seinen alten Platz verlassen und im Rahmen einer Neugestaltung des Platzes, direkt vor der ehemaligen „Weintraube“ einen neuen Platz erhalten. Leider steht es nicht mehr erhaben auf dem 60 cm. hohen Sockel, sondern ebenerdig.